Bücher, Künstlerbücher, Publikationen, Hörbares, Interviews, Termine, Biografisches

EINSTRICH - KEINSTRICH

NVA-Tagebuch  / Tatsachenroman


336 Seiten, Paperback


Verlag Kiepenheuer & Witsch Köln


ISBN: 978-3-462-03674-9



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„Sehr ergreifend, lehrreich, traurig, schön, bewegend."


Tanja Dückers











AMERIKA IST EIN U-BOOT IM GOLDFISCHTEICH

ODER EIN GENIE IST KEIN MIETWAGEN

Gedichte / Texte / Interview

mit Zeichnungen von Klaus Hähner-Springmühl



88 Seiten, Paperback


Galrev Druck- und Verlagsgesellschaft Berlin


ISBN: 978-3910161214



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NERVOESE GESTEN

Gedichte / Texte / Musik

mit Fotos vom Autor



88 Seiten, Paperback & CD


Aktaion Berlin



ASIN: B003ZOFUE4




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DER RUF VON EL AKAN

Erzählung

mit Fotos vom Autor



88 Seiten, Paperback



































1984! Block an Block


Text: "Endstation Balkan"


Auszug aus dem letzten Teil von Joerg Waehners Romantrilogie „Schau ostwärts“ über das Reisen

durch Osteuropa in den 1980er Jahren.


Im anrührendsten Text des Buchs erzählt Joerg Waehner davon, wie er mit seiner damaligen Freundin 1984 von Karl-Marx-Stadt in ein surreales, in Apathie und Armut abgesunkenes Rumänien reist, um sich dort von einem dubiosen Beatnik die Parole »Jede Fiktion ist besserer als unsere Gegenwart« anzuhören, bevor dieser die Vorhänge zuzieht, um sich mit seinen zahlreichen Gästen zu berauschen: »Sie lachten und rauchten und tranken seltsames Zeug, ein Gemisch aus Rasierwasser, Methylalkohol und Haarspray. Zwei Mädchen berauschten sich an Nagellackentferner, den sie aus einer Folientüte inhalierten.«


Von Christof Meueler, Junge Welt


Broschur, mit Abb., 288 Seiten

1. Aufl. 2015 Ventil-Verlag 19,90 €( D)

ISBN 978-3-95575-041-1


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PUBLIKATIONEN

DAS SCHAFFEN WIR!

Tatsachenroman


244 Seiten, Paperback


oe ae Books Berlin


ISBN: 978-3-00-052771-5



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Ab 15. April 2016 erhältlich

Fünfzigtausend Anschläge - Schwarzbuch der Lyrik 2016


Mit einer Titelgrafik von Joerg Waehner und einem Motto von Christine Sohn


Herausgegeben von der Epidemie

der Künste

1. Auflage 2016, 132 Seiten, 16 Euro


ISBN 978-3-941330-40-5


„… der Titel schiebt eine Bugwelle verbalradikaler Subversion vor sich her. Da ist erstmal das andere, sperrigere Format, der magentafarbene Umschlag, der von einer sehr schönen Illustration von Joerg Waehner gekrönt wird: dem Porträt einer wie erstarrt in Embryonalstellung daliegenden Frau.“


Hellmuth Opitz
Das Gedicht blog, März 2016

Tief aus der Dämmung. Ein stiller Portier
für Johannes Jansen zum 50.


mit einem Gedicht- und Zeichnungsbeitrag






1. Auflage 2016
Paperback, 96 Seiten, 12 x 18 cm
ISBN 978-3-941330-41-2, 9 Euro



KLAUS HÄHNER-SPRINGMÜHL

Katalog Künstlerhaus Bethanien

128 Seiten, Deutsch / Englisch


Text: „Mit Riesen-Schritten oder Warten auf Godot“

 

Mit Texten von Gunar Barthel, Erich Wolfgang Hartzsch, 

Barbara Köhler, Claus Löser, Florian Merkel, 

Olaf Nicolai, Christoph Tannert, Joerg Waehner



ISBN: 978-3-941230-23-1




„Karl-Marx-Stadt – heute wieder Chemnitz – wo man in der endenden DDR „nur Kunst machen oder sich erschießen konnte“ (so der zeitweilige künstlerische Partner Joerg Waehner im Katalog)“

Gerald Felber, Märkische Allgemeine








Heiner Müller Gespräche 3

1991-1995

Suhrkamp Frankfurt/Main, 2008


Interviewtext: „Kafka ist Fortinbras“



ISBN: 978-3518420423


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„Zum 80. Geburtstag Heiner Müllers schließt Suhrkamp die Werkausgabe ab

Zu literaturgeschichtlichen Koinzidenzen steuert er (Müller) den denkwürdigen Satz ,Kafka ist Fortinbras‘ bei."


Hendrik Werner, Die Welt














NIEMANDSLAND

Druckhaus Galrev Berlin, 1992


Essays:


- Fernsehen im Zeiten des Krieges


- Die Umarmung der Väter




















Im Untergrund ist alles obenauf

Edition Kontext Berlin, 1990


Essays:


- Mein Vater ist ein Gespenst


- Schlagt euch nicht den Schädel ein...


- Ein Monument der Tyrannei


















Abriss der Ariadnefabrik


Texte:


- Leben Gundlings, Friedrich von Preussen, Lessings Schlaf Traum Schrei. Heiner Müllers Inszenierung an der Volksbühne Berlin


- "Schlagt euch nicht den Schädel ein, zerbrecht euch lieber den Kopf". Heiner Müllers Lohndrücker am Deutschen Theater


- Das verlorene Exil; zu Heiner Müllers Germania Tod in Berlin am BE

















Ariadnefabrik


Texte:


- „Der andere Lenz“


- „Die Lethargie der Bewegung“ zu „Der andere Lenz“


- „Fernando Pessoa. Ein Fragment“


- „Gegenwart, unerkannt - Richterstraße 9“ zu Klaus Hähner-Springmühl


- „Die Zeichnungen von Matthias Stein“


- „Amerika ist ein U-Boot im Goldfischteich oder ein Genie ist kein Mietwagen“


- "in dem, was ...“


...








HERZATTACKE


Gedichte: „nervoese gesten“


Text: „Herzattacke & Gehirnerschütterung“

Klaus Hähner-Springmühl in der Galerie Bestahl, Berlin 1999


...




















Bildende Kunst



Texte:


- "Die Sinnlichkeit der späten Bilder - Emil Schumacher in Budapest“

Berlin 1/1990, S. 23/25


- "Kurt Buchwald - Vom Bilderstürmer zum Störbildner"

Berlin 3/1990, S. 37/39 - ebenso in Foto-scene, Frankfurt/M.

4/90, S. 32/33
















Perspektive 26 "Sprachlos"

Graz - Salzburg - Berlin, 1993/94


Texte:


  1. -Greenaways Fressen


- Verrat





















Galerie Wohnmaschine im Russisch Ethnographischen Museum

St. Petersburg 16.-18. Dezember 1994

Katalog, Berlin 1994



Foto-Text-Essay: "Petersburger Elegie"





















ENTWERTER / ODER



Text: „Deckname oder Pseudonym“


...


















RICHTERSTR. 9 - EINE HOMMAGE FÜR KLAUS HÄHNER-SPRINGMÜHL

Katalog Galerie Pankow Berlin


Text: „Ich bin, also ist Kunst“ zur Ausstellung in der Galerie Weißer Elefant 1988

 



„Die langjährige, intensive und von gegenseitigem Respekt getragene Freundschaft des Künstlers und Autoren Joerg Waehner zu Klaus Hähner-Springmühl nahm in Karl-Marx-Stadt ihren Anfang und hatte auch Bestand, als Waehner 1986 nach Berlin und Springmühl später durch die Welt und noch später nach Leipzig zog. Trotz der verschiedenen Arbeits- und Lebensweisen fühlten sich beide durch ihre Außenseiterrolle sowohl in gesellschaftlicher als auch in künstlerischer Hinsicht verbunden, die auch in gemeinsamen Projekten und Publikationen zum Ausdruck kam.“


Annette Tietz / Anke Paula Böttcher

KAFKA IST FORTINBRAS. Gespräch mit Heiner Müller


»Anderthalb Stunden dauerte dieses Gespräch mit Müller damals, bevor Waehner das Diktiergerät abschaltete. Gut 20 Jahre später ist es nun erstmals vollständig in dem mit acht originalen Siebdrucken Waehners ausgestatteten und in kleiner Auflage erschienenen Kunstbuch ,Kafka ist Fortinbras‘ bei der Berliner Edition Maldoror, dem bibliophilen Organ der Künstlergruppe ,Herzattacke‘, abgedruckt worden.«


Daniel Flügel, Potsdamer Neueste Nachrichten


http://www.pnn.de/potsdam-kultur/765640/




EINSTRICH - KEINSTRICH


»Allein die erdrückende Authentizität des Tagebuchs über den geisttötenden NVA-Alltag macht das Buch lesenswert und reicht vollkommen aus, um die Abgründe des Staates DDR aufzuzeigen.«


sax - Das Dresdner Stadtmagazin



»Sehr ergreifend, lehrreich, traurig, schön, bewegend.«


Tanja Dückers



»Sehr lesenswert: Joerg Waehners Tagebuch ‚Einstrich-Keinstrich‘, das jüngst bei KiWi erschienen ist.« 


Thomas Brussig in der Süddeutschen Zeitung

 


»Ein Bild mit der Stasi im Hintergrund. Und dem Recht auf das eigene Leben im Vordergrund.«


Siegfried Stadler, MDR Figaro

 


»Joerg Waehner hat gewissermaßen die literarische Entsprechung zu dem viel gepriesenen Film ‚Das Leben der Anderen‘ geschrieben.«


Harald Kleinschmid, Deutschlandfunk

 


»Seine Notizen zeichnen den NVA-Alltag, der von Überwachung, Bespitzelung, der permanenten Verletzung der Privatsphäre und den von den Vorgesetzten geduldeten demütigenden Ritualen unter den Soldaten geprägt war, mit beklemmender Authentizität nach.«


Hamburger Abendblatt



»… bisher gab es nur wenige authentische Zeugnisse über den Alltag in der DDR-Armee, wie etwa das erschütternde NVA-Tagebuch von Joerg Waehner ,Einstrich - Keinstrich‘.«


Annerose Kirchner / Ostthüringer Zeitung

 


»Waehners Tagebuchaufzeichnungen sind voller Interna, die nicht nur etwas über den Zustand der NVA, sondern der gesamten DDR im letzten Jahrzehnt ihres Bestehens aussagen. Die Absurdität des Systems entlarvt sich in Nebensächlichkeiten. Fazit: Ostalgikern und Nostalgikern werden mit dem Buch etwaige Illusionen gründlich ausgetrieben.«


Frank Meyer, Deutschlandradio Kultur



»Mit seiner eigenen Geschichte stellt Waehner Zeitgeschichte dar – und das spannender, als es jedes Geschichtsbuch könnte.«


Mareike Gries, mephisto 97.6

 


»Waehner musste sich von der Staatsicherheit in die Privatsphäre glotzen lassen, man hat ihm ins Leben gepfuscht. Dass er sich nun, trotz dieser Erfahrungen, neuerlich verletzbar macht, indem er ohne Eitelkeit, ohne Hass und Häme seine verwundete Biografie der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt, dafür gebührt ihm Dank.«


Ulrich Seidler, Berliner Zeitung


»Dieses Amalgam aus Aufzeichnungen, Dokumenten, Kalenderblättern ist extrem magnetisch, der Gegenpol zu all dem kaum mehr erträglichen So-Schlimm-War-Es-Doch-Gar-Nicht-Gesülze der DDR-Nostalgiker jedweder Herkunft. Minimalistisch genau und eben darum aufregend erzählt der Autor Joerg Waehner vom Soldaten Joerg Waehner, von totaler Überwachung und von den Selbstentfremdungsstrategien, die Stasi, Armee, Gesellschaft an ihm erprobten, letztlich erfolglos, denn auch er beobachtete, notierte, sammelte –

die Beweise für das, was unglaublich, ja, absurd wäre, wenn er es nicht getan hätte.«


Katja Lange-Müller




AMERIKA IST EIN U-BOOT IM GOLDFISCHTEICH ODER EIN GENIE IST KEIN MIETWAGEN


Als bezeichne der Riss auf dem Titel des Buches die Spaltung der Gesellschaft: Verdrängen oder Aufarbeiten: „Das Schweigen der Sirenen / den Helden von gestern / den Ton ton angibt“ Die Frage nach der Vergangenheit(en) deutscher Geschichte begleitet den Berliner Autor Joerg Waehner in seinem Band. Neben den Gedichten greift er die Strukturen kafkascher Dichtung auf, um aus dem Unterholz der Macht Konflikte zu thematisieren, die den täglichen Umgang vergifteten und vergiften. Was er schreibt, ist Literatur gegen das vorschnelle Vergessen. Aber unspektakulär und offen, einfach und kompliziert zugleich in der Aussage seiner Betroffenheit. „Satellitenschüsseln lösen den Gehorsam ab.“ Dieses Buch aus dem Galrev-Verlag bleibt ein Angebot den Riss zu überzeichnen, mit den Erfahrungen des Lesers. Zu dem „Amerika“ des Franz Kafka, das als Textgrundlage diente, schafft der Autor schon den im Titel bezeichnenden Gegenentwurf „Amerika ist ein U-Boot…“ Dort „tobt der Krieg der Banden, mit denen sich die Polizei und die Nationalgarde Schlachten liefert“ und „die Mutation der Oberfläche“ regiert. So entwirft Joerg Waehner nicht erst in der geplanten Bühnenfassung ein drastisches Bild von sich verselbständigenden Strukturen der Macht. Die den Band begleitenden Zeichnungen des Malers Klaus Hähner-Springmühl ergänzen die Texte um eine subversive Dimension, die des ironischen Blickes.


Syrena, Stadtstreicher Chemnitz




1984! Block an Block


Text: "Endstation Balkan"


Auszug aus dem letzten Teil von Joerg Waehners Romantrilogie „Schau ostwärts“ über das Reisen

durch Osteuropa in den 1980er Jahren.


Im anrührendsten Text des Buchs erzählt Joerg Waehner davon, wie er mit seiner damaligen Freundin 1984 von Karl-Marx-Stadt in ein surreales, in Apathie und Armut abgesunkenes Rumänien reist, um sich dort von einem dubiosen Beatnik die Parole »Jede Fiktion ist besserer als unsere Gegenwart« anzuhören, bevor dieser die Vorhänge zuzieht, um sich mit seinen zahlreichen Gästen zu berauschen: »Sie lachten und rauchten und tranken seltsames Zeug, ein Gemisch aus Rasierwasser, Methylalkohol und Haarspray. Zwei Mädchen berauschten sich an Nagellackentferner, den sie aus einer Folientüte inhalierten.«


Christof Meueler, Junge Welt





REZENSIONEN

Interview zu 50 Jahre NVA


"Ich fühlte mich dreifach isoliert"


Der 1. März ist in der DDR der Tag der Nationalen Volksarmee (NVA) gewesen. Heute vor 50 Jahren wurden zum ersten Mal Rekruten vereidigt. Die SED-Führung scheute keinen Propagandaaufwand, um die Jugend vom Waffendienst zu begeistern. 18 Monate waren Pflicht für die Männer. Wer den Dienst an der Waffe ablehnte, versuchte ein so genannter Bausoldat zu werden. Wer total verweigerte, musste ins Gefängnis.Manche Männer dienten gern, viele länger für einen Studienplatz. Anderen, wie dem Autor Joerg Waehner, wurde die NVA zur Qual. tagesschau.de sprach mit ihm über seine Zeit bei der so genannten "Asche", über Bespitzelungen und Solidarität.

tagesschau.de: Sie sind 1982 recht abrupt zur Nationalen Volksarmee einberufen worden – wie kam das?

Joerg Waehner: Ich war nach einer Denunziation verhaftet worden. Man warf mir staatsfeindliche Hetze und geplante Republikflucht vor - das ging auf Aussagen von Stasi-Spitzeln zurück. Aber man stellte dann schnell fest, dass die Vorwürfe nicht stimmten. Da die konstruierten Beweismittel für eine sofortige Verurteilung nicht ausreichten, hat man mich sofort zur Armee eingezogen, um mich weiter zu isolieren und weiter beobachten zu können. Das erschien mir damals als das kleinere Übel.

tagesschau.de: Wie haben Sie Ihren ersten Tag in Uniform erlebt?

Waehner: Natürlich war das ein Schock. Ich hatte zwar gehofft, statt einer Verurteilung zur Armee geschickt zu werden. Ich fühlte mich dann aber dreifach eingesperrt. Ich war in der DDR eingesperrt, konnte mich selbst innerhalb des Landes nur bedingt bewegen, weil man mir meinen Ausweis weggenommen hatte und befand mich nun in einer Kaserne. Und dann bekam meine damalige Freundin fast zeitgleich die Ausreisegenehmigung. Als Soldat durfte ich keinen Kontakt zu ihr aufnehmen.

Warnung von Vorgesetzten

tagesschau.de: Wie sind Ihnen die Vorgesetzten gegenübergetreten? Sie wussten doch von Ihrer Vorgeschichte.

Waehner: Man war mir gegenüber zunächst sehr vorsichtig, und darin steckte auch Respekt. Später haben mich auch Vorgesetzte vor Spitzeln gewarnt, vor Stubenkameraden und Vorgesetzen. Ich wurde auch gewarnt, mit meiner Post vorsichtig zu sein. Gleichzeitig hatte man mich bei Stubenkontrollen „auf dem Kieker“. All das, auch die Warnungen, hat in der ohnehin eingeschränkten Situation meine Isolation noch vergrößert.

tagesschau.de: Andererseits stießen Sie aber auch nicht auf völlige Ablehnung.

Waehner: Natürlich habe ich nicht nur negative Erlebnisse gehabt, sondern auch Solidarität von Kameraden und Vorgesetzten erfahren, auch von solchen, die selbst Spitzel waren. Insofern war die NVA für mich eine konzentrierte Form der DDR.

"Verlust ziviler Maßstäbe durch Kasernierung"

tagesschau.de: Viele ehemalige Soldaten berichten, dass sie bei der Armee erheblichen Schikanen ausgesetzt waren. Haben Sie das auch erlebt?

Zur Person

Joerg Waehner, Jahrgang 1962, wurde im April 1982 in Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz) unter dem Verdacht der geplanten Republikflucht, Herabwürdigung der DDR und der staatsfeindlichen Hetze verhaftet. Mangels Beweisen wurde er sofort zur Armee eingezogen und diente in einem Pionierbataillon bei Pirna. Joerg Waehner lebt als Schriftsteller in Berlin. Seine Zeit bei der NVA beschreibt er in dem soeben erschienen Buch "Einstrich-Keinstrich" (Kiepenheuer & Witsch)


 

Waehner: Es gab Schikanen wie das Stubenreinigen oder mitten in der Nacht Kartoffeln zu schälen, aber man muss das differenziert betrachten. Ich glaube, dass das etwas ist, was Militär aus einem macht. Das Eingesperrtsein und die militärische Routine erzeugen erst diese Handlungsabläufe. Wenn Menschen in eine so extreme Situation gestellt werden, zeigen sich ihre Charakterzüge viel deutlicher. Wenn man erst nach 20 Wochen Kasernierung den ersten Urlaub bekommt, verliert man die zivilen Maßstäbe.

tagesschau.de: Immerhin haben sie offenbar keine körperlichen Qualen erleiden müssen.

Waehner: Ich habe die ganze Zeit darauf geachtet, dass ich keine Strafe bekomme, die meine Dienstzeit verlängert hätte. Ich wollte keine Sekunde länger in der Kaserne bleiben, als unbedingt notwendig. Ich wusste ja, dass bei unseren Manövern Leute schwer verletzt und ums Leben gekommen sind.

Von Vertrauten bespitzelt

tagesschau.de: Hatten Sie Vertraute?

Waehner: Die gab es, aber Vertrauen konnte nur gedeihen, so weit es das Misstrauen zuließ. Ich wusste ja nie, wer Informationen über mich weiter gab. Und wenn sich zu jemanden Vertrauen herausbildete, wurde gleich versucht, die als Spitzel anzuwerben. Man hat ja gerade in so einem beschränkten Rahmen das Bedürfnis, sich auszutauschen. Einer hat auch gleich alles brühwarm ausgeplaudert. Da ist der Druck, vorsichtig zu sein, um so größer.

tagesschau.de: Sie mussten sich ständig kontrollieren.

Waehner: Die Willkür war ja nicht berechenbar. Ich wusste auch angesichts meiner vorausgegangenen Verhaftung nicht, was mich nach dem Ende meiner Armeezeit erwarten würde. Ich wusste nicht, wie es beruflich und privat weitergehen würde. Jeder Tag brachte mich dem Ende des Militärdienstes näher, aber er brachte nicht wirklich Hoffnung, dass das Leben normal werden würde.

Heimliches Tagebuch

tagesschau.de: Sie haben in dieser Zeit Tagebuch geschrieben – auch das war nicht ungefährlich.

Waehner: Das war strengstens verboten und ich habe es auch versucht, zu verstecken. Trotzdem wurde es einmal bei einer Kontrolle entdeckt. Später habe ich es immer unter der Uniform getragen, damit es nicht gefunden wurde. Das war für mich die einzige Form, die Zeit für mich zu dokumentieren.

tagesschau.de: Haben Sie Verständnis für die derzeitige Ost- und NVA-Nostalgie?

Waehner: Natürlich nicht. Ich will niemandem absprechen, sich zu erinnern. Andererseits habe ich durch die Artikel und Filme der jüngsten Zeit fast schon an meinen Erinnerungen gezweifelt. Und weil ich andere Dinge erlebt habe, habe ich ja auch mein Buch geschrieben. Ich möchte niemandem vorschreiben, wie er sich zu erinnern hat. Aber ich will zumindest sagen, wie meine Erinnerung ist. Es gibt DDR-Symbole wie Fahnen, Hemden oder Uniformen, die einfach nicht unbelastet sind. Es sind immer noch Zeichen von Unterdrückung und Zwang. Es ist nichts Entleertes, was man aus nostalgischen oder modischen Gründen tragen kann.

Das Gespräch führte Eckart Aretz, tagesschau.de



Interview mit Joerg Waehner

Interview von Ralf Strohbach


Joerg Waehner, Autor des Buches Einstrich-Keinstrich, war so freundlich und gab Media-Mania ein Interview.


MM: Wie haben sie den Mauerfall erlebt?

Mit Ungeduld. 1989 wohnte ich in Berlin-Baumschulenweg. Als am 9. November auf DDR II Schabowskis Pressekonferenz live übertragen wurde, noch vor der Abendschau, heute und der Tagesschau, schnappte ich mir meine Freundin, und wir sind sofort zum Übergang Sonnenallee gelaufen.
Zu den Grenzern war noch nichts von Schabowskis “ab sofort“ vorgedrungen. Schämte mich fast meines “Übereifers“. Gegen 20:30 Uhr standen wir wieder am Schlagbaum. Jetzt herrschte Volksfeststimmung. Jemand begann, das Grenzgebietsschild abzuschrauben - unter Beifall -, was ich in diesem Moment ungeheuerlich fand. Ein Japaner stand unter den Wartenden und ein amerikanischer Korrespondent. Beide wurden zum Checkpoint Charlie, dem Übergang für Ausländer verwiesen. Wohl ein Autoritätsaufbäumen der Zöllner. Es hagelte Proteste der Umstehenden, “...in this historical moment..“, entrüstete sich der Ami. Alle Ossis sollten rüber können, nur der Amerikaner und der Japaner nicht!
Kurz vor Mitternacht kamen wir durch die Zollabfertigung in den Westen. Hinter dem Grenzübergang schwiegen die meisten, einige weinten ergriffen. Dann wieder Jubel. Fahrzeuge überholten uns, andere rannten vorbei. Vor einem Imbiss-Laden standen türkische Männer, zeigten auf die vorbeiknatternden Trabbis, klatschten sich auf die Schenkel und lachten lauthals. Wir liefen zu Fuß bis zum Hermannplatz. Für mich war es der “Tag der Befreiung“, denn nach dieser Nacht konnte nichts mehr sein wie zuvor.

MM: Wann haben sie das erste Mal West-Berlin und die BRD besucht?

Kurz darauf fuhr ich das erste Mal mit dem Zug in den Westen - ich sollte für unsere Verlagsgründung eine Druckmaschine kaufen -, sah die Mauer von außen und erlebte so etwas wie ein “Heimatgefühl“ zu dem Land, das ich gerade verließ. In dem Moment dachte ich: Nur wer sein Land freiwillig verlassen darf, kann sich dazu bekennen.
Ich hatte damals einen 1000-DM-Schein in der Tasche, mit dem ich hungrig in Gießen ankam. Unterwegs konnte ich ihn nirgends einlösen. Zuerst fand ich es unpassend, mit so einem großen Schein aufzutreten und dann bekam ich ihn nicht gewechselt. Ich hatte Geld und konnte mir nichts kaufen! Seltsamer Westen.


MM: Was denken sie über die DDR-Shows, respektive die Ostalgie-Welle in der deutschen Medienlandschaft?


Die Ostalgie-Welle hilft auf gewisse Weise vielen, sich im Damals zu "verorten". Die Mittel dazu sind allerdings fraglich, wenn Ereignisse, Symbole und Gegenstände aus dem geschichtlichen Kontext gelöst werden. Es entsteht dadurch eine Erinnerungskultur, die unsere Wahrnehmung des Tatsächlichen verändert. Geschichte wird zum entleerten Retro-Design.


MM: Was denken sie über die Wehrpflicht?


Mir fällt dazu die Plastik "Dem unbekannten Deserteur" in Potsdam ein. Das schönste Denkmal zu dem Thema...


MM: Gab es Reaktionen auf das Buch, eventuell sogar von den im Buch genannten Personen?


Bisher waren die Reaktionen durchweg positiv. Auch von Freunden, die sich plötzlich "abstrakt" im Text wiederfanden.


MM: Was empfinden Sie den Personen gegenüber, welche als IM der Stasi akribisch über Sie Bericht erstattet haben?


Weder Hass noch Rache. Das Gefühl ist ein sehr privates. Man muss zugeben, dass man durch den Verrat verletzt worden ist.


MM: Haben sie noch Kontakt zu Freunden und/oder Kameraden von damals?


Einige Freundschaften haben gehalten. Zum Beispiel zu "Olek" und "Albrecht". Andere meldeten sich nach Erscheinen des Buches, weil sie merken, dass diese Zeit auch für sie wichtig war, wir geprägt wurden, auch in unserem Verhältnis zum damaligen Staat und zu Autoritäten überhaupt.


MM: Wie lange haben sie an dem Buch gearbeitet?


Etwa drei Jahre. Begonnen hatte ich aber schon 1983 unter dem Titel "Notizen aus der Felddienst".


MM: War es schwer einen Verleger zu finden?


Jein.


MM: Welchen Einfluss hatten sie auf die Covergestaltung?


Meine Idee zur Gestaltung wurde vom Verlag aufgegriffen. Die Form sollte dem Armee-Tagebuch entgegenkommen: "schmucklos" sein.

Im Idealfall wäre der Einband aus Einstrich-Keinstrich-Uniformstoff. Durch die Unterzeile "NVA-Tagebuch" wirkt der Titel etwas einengend, und lässt wenig Raum für die Urgroßvatergeschichte. Und vielleicht hätte ich auch den Panzer meiner Schildkröte abbilden sollen ... (lacht)


INTERVIEWS

EINSTRICH-KEINSTRICH


Der Stoff von Uniformen. Dosenfutter und lange Unterwäsche. Scheißhaus schrubben und Onanie. Schaben in der Küche und Atemnot unter der Schutzmaske. MPi und Waffenöl. Exerzieren und Stiefelknallen. Staub und Schweiß. Wald und Regen. Befehl und Arrest. Fünfhundertzweiundfünfzig Tage und Bandmaß. Graue Stahlbetten und Kippen auf Wache. Bilder vom Militär. Ein Ausnahmezustand. Drillichgröße „m44“. Dazu die Tatsache, dass ich nicht zurück kann, um am Meer zu sitzen und einfach nur aufs Wasser zu schauen. Armee, das ist mein Gefängnis mit neunzehn. Eine Zwangsgemeinschaft in Uniform, mit fremden Menschen, mit sich selbst. Mit Geräuschen wie dem Türenschlagen auf dem langen Flur der Kompanie, dem Brüllen zum Strammstehen mit angewinkelten Armen und zum Laufschritt. Mit dem Grün in der Dachrinne am Stabsgebäude. Mit tarnverschmierten Gesichtern unterm Stahlhelm, ersten Bartstoppeln. Die Gesichtszüge verschwimmen zu einem Alter, zu einem Körper in Uniform. Namen dagegen bleiben: Adler, Schwartowski, Goethemann. Der Blick wandert vom Exerzierplatz zum Sonnenstein. Unheimlich, denke ich an meinen Urgroßvater...




NERVOESE GESTEN



Stille 1:27


Stille lag über dem Haus. Schwarz. Lastend. Stille. Die Fenster: nur Kreuze. Hinter Glas Licht. Weiß wich zurück. Und Tisch und Stuhl und Schrank. Eine Frau inmitten von Kerzen. Wachstropfende Substanzen. Und nacktes Fleisch und Fleisch und nackt. Schenkel blasser Schimmer. Licht und Schatten. Flackern an Wänden. Plötzlich Rot und Schwarz und Blut und Leib und Tod. Liegender Körper. Schwer. Boden berührend. Und Weiß flog dahin. Mit Vorhängen aus Fenstern. Diese Flucht von Weiß. Und Rot strömte dahin. Auf Leib und Boden. Auf gestreckte Arme. Und sündiges Lachen im Raum. Schwer und hallend. Rot und Schwarz und Singen von Chören und Tanzen von Engeln. Ringelreihen und Flüche und Gebete. Zuckend Licht und Dunkel. Und Traum und Wahn und Schreie von Dämonen in der Nacht. Und Sturm und Bäume und fliehender Schatten. Der Raum, lodernd. Leib erhellend. Und Schrank und Stuhl und Tisch. Und Haare, schwarz und rot und Feuer fangend. Nur Rauch und Stille über dem Haus.



Engel 2:03


Der Engel der Geschichte:

Ein fliegendes Wesen, vogelähnlich.

Dem die Flügel gestutzt sind.

Das also eher einem Geschoß gleicht.

Das Panzerungen durchbricht. Oder im Sturzflug

sein Zielgebiet sucht




Titanic 3:31


Hinter dem Rauch meiner Zigarre, sie täuschte mich, um Haareslängen. In ihrem Zitronenfaltergewand:

Glaubend, das Feld sei geräumt. Vergebens wehrte ich mich, blieb ihren Anwürfen ausgeliefert. Nicht freiwillig die Klarstellung der Verhältnisse. Im streitbaren Miteinander - noch einen Schritt zu tun. Am Abend vor dem Untergang der Titanic

HÖRBARES

Der Autor und Künstler Joerg Waehner wurde 1962 geboren und wuchs in der Nähe von Rostock auf, er erlernte den Beruf des Schriftsetzers in Chemnitz. Mitte der 1980er Jahre folgten erste künstlerische und literarische Aktivitäten u.a. in Zusammenarbeit mit Klaus Hähner-Springmühl. 1982 wurde Waehner durch das MfS verhaftet und bekam Reise- und Studienverbot. 1986 zog er nach der Berlin, wo er fortan zur Künstlerszene von Prenzlauer Berg gehörte. Waehner veröffentlichte zu DDR-Zeiten Beiträge in zahlreichen offiziellen und inoffiziellen Publikationen. 1990 war er Mitbegründer des Druckhauses Galrev, welches er aus Protest 1992 gegen die MfS-Verstrickung zweier Mitarbeiter wieder verließ. 1994 politische Rehabilitierung und infolge bis 2000 Studium der Germanistik und Kunstgeschichte an der Humboldt Universität Berlin. Publikationen wie Einstrich-Einstrich (KiWi), Kafka ist nicht Fortinbras (Edition Maldoror), Gespräch mit Heiner Müller (Suhrkamp), Amerika ist ein U-Boot im Goldfischteich oder ein Genie ist kein Mietwagen (Druckhaus Galrev). Als Fotokünstler zahlreiche internationale Ausstellungen und Projekte

BIOGRAFISCHES



 

Samstag, 8. November, 20:30 Uhr


"Zum 9. November: Gregorianische Wende – Mauerfall nach Kafka"

Eine szenische Lesung mit Robert Mießner und Joerg Waehner


Staatsgalerie Prenzlauer Berg

Greifswalder Straße 218

10405 Berlin







9. Juli 2014, Vortrag & Lesung

Pirna, Berufsschulzentrum Technik


14. Mai 2014, Vortrag „Vier Brüder und ein Urgroßvater“, Johanniter-Krankenhaus Truenbrietzen


10. Mai 2014, Eröffnung Kunstsammlungen Chemnitz


LESUNG Donnerstag, 9.1.2014, 19 Uhr

Galerie Pankow

Breite Straße 8, 13187 Berlin


„der hahn im sperrmüll“ ist der Titel eines Klaus Hähner-Springmühl gewidmeten  Gedichtes von Joerg Waehner.

Mit dem aus Karl-Marx-Stadt stammenden, jetzt in Berlin lebenden Künstler hat Klaus Hähner-Springmühl zwei Publikationen gestaltet: das Künstlerbuch second hand (1986) und Amerika ist ein U-Boot im Goldfischteich oder ein Genie ist kein Mietwagen (1992).

Beide Publikationen werden vorgestellt, ergänzt von Kommentar (Heiner Müller/Klaus Hähner-Springmühl,  Berlin 1985) und Kafka ist Fortinbras. Gespräch mit Heiner Müller (Berlin 2011).


Lesung und Gespräch mit Joerg Waehner und Robert Mießner





Sonntag, 1.12.2013 - 20:30 Halle /Saale

im „Roter Horizont“

Lesung Joerg Waehner & Robert Mießner

10. September 20:00 Uhr

Spezial-Release-Abend "1984!"

mit den Herausgebern & anschließender Dystopie-Disco


Kulturspelunke Rumbalotte continua

Metzer Straße 9, 10405 Berlin




Mit einem Text von Joerg Waehner: "Endstation Balkan"


Broschur, mit Abb., 288 Seiten

1. Aufl. 2015

Ventil-Verlag

19,90 €(D)

ISBN 978-3-95575-041-1

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